Der Aufhebungsvertrag – rechtliche und psychologische Bedingungen

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Ausweg aus der (Mobbing-) Krise?

„Nichts wie weg!“, „Ich halte es nicht mehr aus!“ – Es gibt Situationen, da ist die Arbeitssituation unerträglich geworden und eine Veränderung aussichtslos. Bei langanhaltenden Konflikten und Mobbing kommt dies immer häufiger vor. Aber auch andere Krisen können die Ursache sein, als Beschäftigter fühle ich mich kurz vor dem Burn-out oder ich stecke in einer Sackgasse fest.

Dann kann ein Aufhebungsvertrag (Aufhebungsvereinbarung) ein Ausweg sein. Er ermöglicht einen geordneten Ausstieg und kann helfen, berechtige Ansprüche zu sichern. Ein ausgehandelter Aufhebungsvertrag ist auf jeden Fall besser als eine Eigenkündigung. Auch für den Arbeitgeber ist er von Vorteil: Er ermöglicht eine einvernehmliche Trennung, ohne die Risiken und Kosten einer rechtlichen Auseinandersetzung.

Einen guten Aufhebungsvertrag auszuhandeln ist an viele rechtliche und insbesondere psychologische Bedingungen geknüpft. Hierüber zu informieren war das Ziel einer Veranstaltung, zu der die Mobbing Beratung München und das Netzwerk Respekt am Arbeitsplatz, am 2. Februar 2016 in den KDA in München eingeladen hatten. Im vollbesetzen Saal verfolgten fast 40 Beschäftigte, Führungskräfte und Arbeitnehmervertreter die Ausführungen von Rechtsanwalt Wilfried Dormann und Diplom-Psychologe Ludwig Gunkel. 

Eine Aufhebungsvereinbarung ist ein Vertrag, der zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber freiwillig geschlossen wird, erläutert Rechtsanwalt Wilfried Dormann einleitend. Keiner kann den anderen zwingen, eine solche Vereinbarung über das Ende der Beschäftigung abzuschließen. Darum ist es wichtig, die rechtliche Ausgangssituation und die Interessen der beiden Parteien detailliert zu betrachten.

Ludwig Gunkel erläutert aus seiner Erfahrung als Konfliktberater wesentliche Aspekte, die aus psychologischer Sicht zu bedenken sind:

1. Ausgangssituation: Was hat dazu geführt, den Arbeitsvertrag beenden zu wollen? Welche dokumentierten Handlungen und Vorkommnisse gab es? Wie ist die rechtliche Position einzuschätzen? Können arbeitsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden? Je besser die eigene rechtliche Situation ist, um so eher kann die Gegenseite motiviert werden, eine faire Aufhebungsvereinbarung zu verhandeln.

2. Interessenpositionen: Wer hat welche Interessen? Wer möchte oder muss welche Risiken vermeiden?

Eine realistische Einschätzung der Ausgangssituation und der Interessen ist wichtig, um das für die jeweilige Situation angemessene Vorgehen zu entscheiden. Diese Grundsätze gelten sowohl für Arbeitnehmer/innen als auch für Arbeitgeber, die eine Aufhebungsvereinbarung anstreben.

Für Arbeitnehmer/innen, die einen Aufhebungsvertrag anstreben, ist darüber hinaus wichtig:

3. Präsenz im Betrieb: dauerhafte Arbeitsunfähigkeit oder gar Krankengeldbezug schwächen die eigene Verhandlungsposition

4. Eigene Position standhaft vertreten

5. Unfaires Verhalten, Respektlosigkeiten, Ungleichbehandlungen, Benachteiligungen etc. dokumentieren

6. Selbst keine Fehler machen

7. Durchhaltevermögen und langer Atem

8. (Außerbetriebliche) Kraftquellen mobilisieren

Rechtsanwalt Wilfried Dormann erläutert die wichtigsten Inhalte einer Aufhebungsvereinbarung:

I Kündigungsfristen (lt. Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Gesetz)

II Freistellung (unwiderrufliche)

III Abfindung (Vorsicht: Es gibt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keinen rechtlichen Anspruch auf Abfindung! Dies ist Verhandlungssache. Alternativ käme ggf. eine längere Freistellung bei Fortzahlung der Bezüge in Betracht)

IV Arbeitszeugnis

V „Sprinterklausel“: Vorzeitige Kündigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers (z. B. wenn er ein neues Arbeitsverhältnis eingehen will)

VI Stillschweigen

VII Abgeltung aller Ansprüche, z. B. Urlaub, Überstunden, Weihnachtsgeld, Provisionen etc.

VIII Soweit relevant: Regelungen über Dienstwagen, Diensthandy, Betriebsrente, Patente etc.

Alles was regelungsbedürftig ist, sollte hier vereinbart werden.

Gleichzeitig sind die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte, z. B. Sperr- und Ruhezeiten beim Arbeitslosengeld oder die erhöhten Schutzfristen aus einer Schwerbehinderung oder z. B. dem Betriebsverfassungsrecht zu bedenken.

In der intensiven Diskussion zeigte sich, dass die Verhandlung über einen Aufhebungsvertrag ohne eine rechtliche und psychologische Beratung viele Risiken birgt.

Die beigefügt „Mustervereinbarung“ zeigt ein Beispiel eines Aufhebungsvertrages. Die gerichtliche Feststellung ist in den meisten Fällen rechtlich geboten.

Aufhebungsvertrag_Veranstaltung-2016-02-02_Muster-gerichtlicher-Vergleich.pdf